Von Oberst i Gst Stefan Holenstein, Präsident SOG. Erschienen in der ASMZ-Ausgabe 11-2020.
Das Schweizer Volk stimmte am 27. September 2020 der Beschaffung neuer Kampfflugzeuge zu. Damit hat der Souverän einen wichtigen Grundsatzentscheid gefällt: Die Schweiz kann ihren Luftraum, ihr Land und ihre Bevölkerung in den nächsten rund 40 Jahren selbst schützen und so einen bedeutenden Beitrag auch zur Sicherheit Europas leisten. Die Schweizerische Offiziersgesellschaft (SOG) nimmt das weitsichtige Ja erfreut zur Kenntnis.
Das Ergebnis fiel bei einem hauchdünnen Volksmehr von 50.1 Prozent sehr knapp aus. Aber der positive demokratische Entscheid steht fest, und immerhin weisen 18 Kantone und Halbkantone Mehrheiten auf. Dass es letztlich gereicht hat, ist unter anderem – ich füge dies nicht ohne Stolz an – dem unermüdlichen und beherzten Einsatz unserer Sektionen, der kantonalen und Fach-Offiziersgesellschaften in den Stützpunkten sowie dem SOG-Vorstand im nationalen Pro-Komitee zu verdanken. Wir haben damit eine vorentscheidende Hürde in der Evaluation der vier Flugzeugtypen erfolgreich übersprungen. Nun sind das VBS und seine Spezialisten gefordert, den Prozess bis im Frühjahr 2021 sauber und transparent durchzuführen, ungeachtet der Störfeuer, welche die Armeegegner bereits wieder entfachen.
Kein Plebiszit gegen die Armee
Die SOG versteht den engen Entscheid keineswegs als Plebiszit gegen die Armee. Gemäss den jährlichen ETH-Umfragen steht das Schweizer Volk hinter der Milizarmee. Trotzdem: Vor dem Hintergrund der wohl noch lange schwelenden Corona-Krise scheint sich ein erheblicher Teil der Bevölkerung zu fragen, ob 6 Mrd. CHF für eine Flugzeugbeschaffung angemessen und gerechtfertigt sind. Offenbar liessen sich die kritischen Bevölkerungssegmente aufgrund dieser Vorbehalte leichter mobilisieren; das überladene Abstimmungsfuder vom 27. September dürfte zusätzlich eine Rolle gespielt haben. Jedenfalls zeigt uns dieses Signal, dass wir die Dringlichkeit und Sinnhaftigkeit der Beschaffung nicht genügend aufzeigen und unsere Zielgruppen teilweise überhaupt nicht erreichen konnten.
Beunruhigende Spaltung der Gesellschaft
Sorgen bereitet der SOG die Tatsache, dass die Kampfjet-Thematik die Schweizer Gesellschaft derart spaltet. So liegen in den urbanen Regionen der Schweiz die sicherheitspolitischen Prioritäten völlig anders als in den ländlichen Gebieten. Dasselbe gilt ebenso deutlich für die deutsche und die lateinische Schweiz, letztere mit teilweise wuchtigen Nein-Stimmen-Anteilen. Dieser Graben muss ebenso überbrückt werden wie derjenige zwischen der älteren und der jüngeren, eher beschaffungskritischen Generation. Ein weiteres bekanntes Muster: Die Mehrheit der Frauen stimmte gegen neue Kampfjets. Um diese sich akzentuierenden Spaltungstendenzen zu überwinden, braucht es vermehrte Anstrengungen aller Akteure, sei es der politischen Parteien, der Wirtschaftsverbände, des VBS, der Armee, der Milizorganisationen, aber auch der Medien. Sicherheit muss in der Schweiz als gemeinsame und dauerhafte Aufgabe wahrgenommen werden. Es reicht nicht, sie bloss alle paar Jahre im Vorfeld von Urnengängen ins Blickfeld zu rücken.
Sicherheitspolitischer Dialog nötig
Nutzen wir nach dem denkwürdigen Abstimmungssonntag die Gelegenheit, eine grundsätzliche Debatte über das Thema Sicherheit in der Schweiz zu lancieren. Wichtig wäre nun eine ganzheitliche Auseinandersetzung über die Frage, was die Sicherheit für die Schweiz ausmacht, und über die Rolle der Schweiz im europäischen Kontext, vornehmlich mit den Nachbarn im zentralen Alpenraum. Denn eines machte die Schweiz mit dem Ja zu neuen Kampfjets auch klar: Sie ist gewillt, ihre Souveränität und Neutralität zu verteidigen, womit sie weiterhin das Vertrauen der Nachbarstaaten und den Respekt der internationalen Gemeinschaft geniesst. Der sicherheitspolitische Dialog bildet zudem eine Chance für die Milizorganisationen, ihren Einfluss bei den anstehenden Herausforderungen noch effektiver und sichtbarer einzusetzen und so breite Bevölkerungsteile für sicherheitspolitische Anliegen zu sensibilisieren. Die Miliz muss künftig noch an Bedeutung gewinnen – spielen wir diese wichtige Karte!
Idee des Bürgerdienstes – alter Wein in neuen Schläuchen?
Die FDP-Fraktion hat im September recht überraschend eine Motion zur Einführung eines Bürgerdienstes, also einer Dienstpflicht für Männer und Frauen, beschlossen. Die Idee ist nicht neu. Es wird nun ins Feld geführt, der Bürgerdienst sei ein praktikabler Anstoss zur Weiterentwicklung des Milizsystems und ein Lösungsansatz für die Behebung der dramatischen Alimentierungsmisere in Armee und Zivilschutz. Der Bürgerdienst mag diesbezüglich gewisse Chancen eröffnen, aber nur, wenn er sich auf die Bedürfnisse der Sicherheitspolitik konzentriert und das Wehrpflichtmodell nicht aushebelt. Vorsicht ist einstweilen geboten.
Wichtiges Bekenntnis der Schweiz zur Sicherheit
Oberst i Gst Stefan Holenstein nimmt in der neuesten Ausgabe der ASMZ Stellung zur sehr knapp gewonnenen Abstimmung zur Beschaffung neuer Kampfflugzeuge. Und er meint, dass damit die Schweiz ihren Luftraum in den nächsten 40 Jahren selbst schützen könne. Ich hoffe sehr, dass er damit recht bekommt. Denn das sehr knappe Ergebnis wird meiner Ansicht nach den Handlungs- und Entscheidungsfreiraum des VBS stark einschränken.
Die SOG hat mit ihrem Einsatz zu diesem lebenswichtigen Entscheid entscheidend stark beigetragen, was auch im VBS sehr positiv registriert wurde. Damit wurde eine grosse Hürde in der Evaluation der vier Flugzeugtypen erfolgreich übersprungen. Das VBS und seine Spezialisten müssen nun an die Arbeit und bis nächstes Jahr einen sehr guten Entwurf vorlegen, der auch der zu erwarteten Kritik vom Links und Grün wird Stand halten können.
Das knappe Ergebnis ist auch kein Plebiszit gegen die Armee – aber die grosse Summe von 6 Milliarden hat vielleicht doch einige Stimmbürger zu einem NEIN bewogen – die Fakten sind aber eindeutig und überzeugend für ein JA. Die Menge der Abstimmungsvorlagen und die sehr grosse Stimmbeteiligung werden das Ihre dazu beigetragen haben. Die Vorlage hat aber auch die Spaltung der Stimmbürger aufgezeigt – NEIN der Städte, mehrheitlich NEIN der Romandie und der Frauen – das muss in der künftigen Kampfrichtung sowohl des VBS wie der SOG berücksichtigt werden.
Dem Präsidenten der SOG ist zuzustimmen, dass ein sicherheitspolitischer Dialog unabdingbar ist. Und da muss die Sicherheit der Schweiz in den kommenden 40 Jahren beleuchtet und in den Vordergrund gestellt werden.
Man muss der ablehnenden Teil der Bevölkerung klar und eindeutig aufzeigen, was ein NEIN zur Beschaffung von neuen Flugzeugen für unsere Armee bedeuten würde – im Grundsatz die Abschaffung der Armee. Wenn man zudem die Uneinigkeit der EU analysiert – ist für die Schweiz nur ein uneingeschränktes JA für unsere Armee und einem JA zu den NKF zwingend.
HP. Neuweiler, Ermatingen
Vor der Abstimmung hat die Armeeführung dies zum Plesbizit für oder gegen die Armee hochstilisiert,nach der Abstimmung gilt das plötzlich nicht mehr. Bekannte und unsägliche Militärtaktik. Drehen und wenden…stets zu den eigenen Gunsten.