Von Oberst i Gst Stefan Holenstein, Präsident SOG. Erschienen in der ASMZ-Ausgabe 07-2020.
Die Armee geht gestärkt aus der anhaltenden Corona-Krise hervor. Mit ihrem Einsatz im Rahmen von COVID-19 hat sie gezeigt, dass sie die einzige strategische Reserve des Landes in der Hand des Bundesrats ist. Für die Schweizerische Offiziersgesellschaft (SOG) sind jetzt aber die richtigen sicherheits- und armeepolitischen Schlüsse zu ziehen. Nutzen wir diese gute Ausgangslage!
Seit Auslösung der Mobilmachung am 16. März 2020 aufgrund von COVID-19 hat die Milizarmee rund 280 Aufträge für das zivile Gesundheitswesen in der ganzen Schweiz erfüllt. Am 29. Mai wurden diese Aufträge abgeschlossen; es verbleiben noch rund 1000 Armeeangehörige im Assistenzdienst, primär für die Grenzkontrollen. Nach den bundesrätlichen Lockerungen der Corona-Massnahmen kehrt zwar eine gewisse Normalität zurück. Mit welchen Erkenntnissen für die Armee?
Investitionen und Ressourcen für die Armee
Corona lehrt uns, dass das ganze Bedrohungsspektrum und nicht einfach der letzte „Krieg“, also die derzeitige Pandemie, zu berücksichtigen ist. Den subsidiären Einsatz hat die Armee sehr gut gemeistert. Dieser ändert indes nichts daran, dass ihr Hauptauftrag die Verteidigung ist und bleibt. Die Investitionen in die dafür benötigten Rüstungsgüter – in die schweren Bodensysteme und die Mittel der Luftverteidigung – sind unerlässlich. Denn sie sind der Garant für unsere künftige Sicherheit sowie für eine neutrale und unabhängige Schweiz. Es wäre fahrlässig, ja sträflich, nur noch die zivilen Bedrohungen ins Feld zu führen und die machtpolitischen auszublenden. Die SOG fordert von den eidgenössischen Räten, in den nächsten Jahren keinerlei Abstriche an den Armeebudgets vorzunehmen.
Mehr Verantwortung an die Armee delegieren
Die Armee und das VBS müssen mehr Verantwortung übernehmen. Die starke Auslandabhängigkeit bei gewissen Gütern, gerade auch im Sicherheitsbereich, ist gefährlich und macht uns verwundbar. Wie der „casus belli“ zeigt, ist sich in der Krise jeder Staat selbst am nächsten. Die Armee sollte für die Beschaffung und Lagerung von Schutzmaterial für die ganze Schweiz zuständig sein. Dafür ist die Armee finanziell und personell entsprechend auszustatten. Auch das System der wirtschaftlichen Landesversorgung muss in Bezug auf die Auslandabhängigkeit gründlich überprüft werden.
Alimentierungsproblem rasch lösen
Kämen in einem subsidiären Einsatz noch eine machtpolitische Bedrohung oder eine Gefährdung der inneren Sicherheit dazu, stiesse die Armee zweifellos rasch an ihre Kapazitätsgrenze. Wir müssen dafür sorgen, dass der Armee kurz- und mittelfristig keine weiteren personellen Mittel entzogen werden. Die Bestandsproblematik muss nun ernsthaft angegangen werden. So ist die Zivildienstgesetzrevision in der aktuellen Sommersession nach der Variante des Ständerats strikt durchzuziehen.
Führungsstruktur und -prozesse hinterfragen
Das Motto „In Krisen Köpfe kennen“ hat sich einmal mehr bewährt. Die Vernetzung von Armee und zivilen Behörden spielte gut. Dennoch sind Führungsstruktur und -prozesse sorgfältig auf Doppelspurigkeiten und Schnittstellen hin zu überprüfen. Zudem war es richtig, grosszügige Aufgebote zu erlassen, konnten doch die Bedürfnisse der Kantone im Gesundheitsbereich nicht von Anfang an schlüssig beurteilt werden. Für Leer- und Reservezeiten sind Ausbildungsmodule bereitzuhalten, ebenso für den Einsatz der Freiwilligen. Für die Weiterentwicklung der Armee (WEA) können die Anpassungen der armeeinternen Konsequenzen nur wertvoll sein. Fazit: Die Armee hat mit Corona an Stärke und Akzeptanz in der Bevölkerung deutlich zugelegt.
Air2030: Gegner überzeichnen Lebenskosten der Kampfjets schamlos
Die selbsternannten Experten der SP, Grünen und der GSoA bemühen betr. Air2030 seit Wochen das Argument, die Kampfjets kosteten über die gesamte Nutzungszeit 24 Mrd. CHF oder mehr. Das ist unredlich. Denn als Faustregel, so auch das VBS, dürften die über 30 Jahre aufgerechneten Betriebskosten nach langjähriger Erfahrung mit 12 Mrd. CHF in etwa doppelt so hoch ausfallen wie die Beschaffungskosten von 6 Mrd. CHF. Allerdings: Für die Gegner ist eh «alles zu teuer»; ihnen genügen billige, leichte Schulflugzeuge vollauf. Dieses unseriöse «Angebot» haben wir längstens als untauglich und gefährlich entlarvt. Die Schweiz kann und muss sich leistungsfähige Kampfjets leisten, wenn sie es mit der Sicherheit sowie der Unabhängigkeit und Neutralität ihres Landes ernst meint.
SOG-Delegiertenversammlung neu am 5. September 2020
Aufgrund der vom Bundesrat am 27. Mai beschlossenen Lockerungsmassnahmen hat der SOG-Vorstand entschieden, die am 14. März wegen Corona abgesagte Delegiertenversammlung neu am 5. September, vormittags, in der Markthalle Burgdorf BE, unter Berücksichtigung der geltenden Schutzmassnahmen, durchzuführen. Wir freuen uns sehr, dannzumal unsere Delegierten und eine grosse Gästeschar persönlich begrüssen zu dürfen.
Die Abstimmung am 19. Juni im Nationalrat zur Verschärfung des Bundesgesetzes über den Zivildienst war leider keine Stärkung, sondern vielmehr eine signifikante Schwächung der Armee! Der Armee werden noch mehr AdA’s Angehörige der Armee fehlen. Die Abwanderung in den Zivildienst wird sich noch verstärken.
Dieses Signal wird leider für den 27. September fatal sein. Und die Armee ist längst zu einer Hilfstruppe ohne militärische Einsatzfähigkeit und Bereitschaft verkommen.
Die Worte vom SOG-Präsidenten: das Gegenteil von gut ist gut gemeint, ja, das sind sie, seine Gedanken!