Planungsbeschluss Luftverteidigung – mutig und richtig!

Von Oberst i Gst Stefan Holenstein, Präsident SOG. Erschienen in der ASMZ-Ausgabe 04-2018.

Die Schweizerische Offiziersgesellschaft (SOG) begrüsst den vom Bundesrat am 9. März 2018 gefällten Planungsbeschluss zur Beschaffung neuer Kampfflugzeuge und der bodengestützten Luftverteidigung. Der Entscheid überrascht nicht und ist ein gangbarer Weg. Das Volk kann über das fakultative Referendum den Grundsatzentscheid des Bundesrates bewerten. Danach müssen Typenwahl und Anzahl Jets jedoch in der alleinigen Kompetenz des Bundesrates bleiben.

Der nun vorgeschlagene Weg über einen Planungsbeschluss «mit grosser Tragweite» ist laut Art. 28 Abs. 3 des Parlamentsgesetzes ein Vorentscheid, mit welchem bestimmte Ziele anzustreben und Massnahmen zu planen sind. Er untersteht dem fakultativen Referendum. Obschon es die SOG vorgezogen hätte, wenn die Gegner einer umfassenden Luftverteidigung zum Mittel der Volksinitiative hätten greifen müssen, ist es nun wesentlich, dass der Ablauf des Planungsbeschlusses den normalen Beschaffungsprozess nicht beeinträchtigt und vor allem nicht verzögert. Deswegen sollte das Parlament das Geschäft rasch vorantreiben und die Weichen für die allfällige Referendumsabstimmung so früh wie möglich stellen. Die SOG wird sich an der angekündigten Vernehmlassung beteiligen.

Finanzieller Umfang gerechtfertigt

Die «sicherheitspolitische Rechnung 2018» ist schnell präsentiert: Ohne neue Kampfflugzeuge (NKF) und die Erneuerung der bodengestützten Luftverteidigung (BODLUV) verliert die Armee als Gesamtsystem ihre Glaubwürdigkeit. Die finanziellen Mittel für die Gesamterneuerung der integrierten Luftverteidigung sind zwar beträchtlich, aber in jeder Hinsicht gerechtfertigt. Die vom Bundesrat dafür veranschlagten 8 Mrd. CHF sowie die künftige Erhöhung des Militärbudgets um jährlich 1,4% gehen in die richtige Richtung. Nicht Inhalt des Planungsbeschlusses ist die Aufteilung der Gelder zwischen NKF und BODLUV. Es ist akzeptabel und kohärent, die beiden Bereiche im Sinne der integrierten Luftverteidigung finanziell vorerst als Gesamtpaket zu betrachten.

Zeitfaktor wichtiger als Flugzeugtyp

Die Erneuerung der Luftwaffe hat erste Priorität. NKF und BODLUV müssen nicht nur den Luftraum verteidigen, sondern auch die Truppen am Boden (Panzer, Artillerie, Führungsunterstützung und Logistik) mit Feuer wirkungsvoll unterstützen. Die Zeit drängt, da ab dem Jahr 2025 neben den Kampfflugzeugen und der bodengestützten Luftverteidigung auch schwere Waffensysteme am Boden erneuert oder ersetzt werden müssen. Ein «Beschaffungsstau» droht; weitere Verzögerungen liegen nicht drin. Allfällige Diskussionen über den Flugzeugtyp und die Anzahl sind in diesem frühen Stadium der Evaluation unnötig und auch nicht gefragt. Sie sind vielmehr geradezu kontraproduktiv – und deshalb tunlichst zu vermeiden.

Kein Spaziergang

Das Gripen-Debakel von 2014 ist in der Armee und in breiten, armeefreundlichen Kreisen leider noch nicht wirklich verdaut. Zu zahlreich und zu offensichtlich waren die Fehler auf allen Ebenen. Die Lehren sind wohlüberlegt und mit Augenmass zu ziehen. Denn ein Spaziergang wird der mögliche Urnengang voraussichtlich im ersten Halbjahr 2020 nicht. Die Armee kann nicht zum Vornherein auf einen Vertrauensvorschuss zählen. Die Bedrohungslage und die Notwendigkeit einer integrierten Luftverteidigung müssen dem Volk ohne Unterlass glaubhaft dargelegt werden. Das ist Knochenarbeit. Immerhin gibt es genügend gute und starke Argumente für das bevorstehende Beschaffungsprojekt. So lässt sich nicht wegdiskutieren, dass die Nutzungsdauer der F/A-18-Flotte 2030 ausläuft, auch wenn etwa die SP Schweiz uns trügerisch weis machen will, dass jene «deutlich über das Jahr 2035 hinaus» verlängert werden müsse. Zudem ist die bodengestützte Luftverteidigung schon heute hoffnungslos veraltet. Ohne Luftschirm kann die Armee ihren verfassungsmässigen Auftrag, Land und Bevölkerung zu verteidigen, nicht erfüllen. Der Kostenrahmen von 8 Mrd. CHF darf unter keinen Umständen unterschritten werden, soll die Luftverteidigung noch einigermassen glaubwürdig aufrechterhalten bleiben.

Guter, aber risikobehafteter Schachzug

Der absehbare Volksentscheid ist für die Armee gewiss von besonderer Relevanz. Wir werden nämlich nicht über ein konkretes Kampfflugzeug abstimmen, sondern einen wichtigen Grundsatzentscheid fällen können. Das hat Vor- und Nachteile. Das Risiko eines Neins ist nicht von der Hand zu weisen und würde die Armee in ihrer Existenz bedrohen. Dass es nicht so weit kommt, dafür wird sich die SOG – und mit ihr alle Milizorganisationen in der Schweiz – einsetzen. In diesem Sinne ist der Abstimmungskampf gleichsam lanciert!

 

EU-Waffenrichtlinie – Schuss neben das Ziel

Die fragliche Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie betrifft die Armee lediglich indirekt über das ausserdienstliche Schiesswesen. Das ist für die SOG aber Grund genug, sich in die Diskussion einzuschalten. Aus unserer Sicht schiesst die geplante Gesetzesänderung klar am Ziel vorbei. Der Vorschlag des Bundesrats engt die Besonderheiten des schweizerischen Schiesswesens unnötig ein. Die Nachregistrierung und die zusätzlichen Ausnahmebewilligungen stellen einen unverhältnismässigen administrativen Mehraufwand dar, der keinen effektiven Sicherheitsgewinn erzeugt und überdies einer Bevormundung der Waffenbesitzer gleichkommt. Der Vorschlag, wie die EU-Waffenrichtlinie in die schweizerische Gesetzgebung umzusetzen sei, trifft den legalen Waffenbesitzer, nicht jedoch den gefährlichen Handel mit illegalen Waffen. Die SOG erwartet, dass das Parlament die Änderung des Waffengesetzes entsprechend nachbessert oder überhaupt zurückweist.

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