Das Verständnis für Kulturen und das differenzierte zum Erfolg führende Agieren im Internationalen Umfeld war ein Schwerpunkt am diesjährigen Young Reserve Officers Workshop im deutschen Fulda. Fünf Schweizer Offiziere standen im Einsatz und haben die hiesigen Eigenheiten einem interessierten Publikum präsentieren können.
Ein Bericht von Hptm Christoph Merki, Kommission International
Was ist Kultur? Welche tiefer liegenden Quellen von Aktionen und Reaktionen sind in diesem kleinen Wort versteckt? Ein Blick in die Welt hinaus lässt nur schemenhaft erahnen, welche Kraft, Ausdauer und Motivation in kulturellen Batterien steckt. Angetrieben von verankerten Werten, spielen verschiedene Kulturen in vielen Krisenherden der Welt eine zentrale Rolle. Umso mehr ist es unabdingbar, genau diese Unterschiede zu verstehen, bevor in differenzierter Form geholfen oder interveniert wird. Dabei sind es offensichtlich nicht die Drohnenpiloten, welche sich mit kulturellen Differenzen beschäftigen müssen. Es sind die Soldaten vor Ort, die tagtäglich mit der lokalen Bevölkerung in fremden Ländern und Kontinenten interagieren müssen. Ein Feingefühl für die Nuancen der Verschiedenheit kann über Erfolg und Misserfolg einer Mission entscheiden.
YROW geniesst grosse Anerkennung
Bei all den grossen Diskussionen über Kultur wird jedoch vielmals auch vergessen, dass nicht nur der gegenüber nach gesellschaftlichen Normen lebt. Genau diese Überlegungen waren das Fundament eines grossen Teils des diesjährigen Young Reserve Officers Workshop (YROW) in Fulda (D). Insgesamt fünf Schweizer Offiziere nahmen im Rahmen des Sommerkongresses der «Confédération Interalliée des Officiers de Réserve» (CIOR) am Programm des YROW teil. «Intercultural leadership» war der Überbegriff der Lektionen von Captain Jimmy Madi. Der US-Amerikaner diente in verschiedenen Missionen als Übersetzer und konnte so nebst den theoretisch fundierten Grundlagen auch immer noch eigene Erlebnisse mit einfliessen lassen. In kleinen Rollenspielen wurden die möglichen Konfliktpunkte und Lösungen beim interkulturellen Austausch auch gleich praktisch umgesetzt.
Schweiz kann beeindrucken
Für viele der knapp 60 jungen Offiziere aus 14 verschiedenen Nationen war der YROW die erste Möglichkeit, auch mit Kameraden anderer Streitkräfte in Kontakt zu treten. Dabei waren ebenso einige Vertreter, welche schon in Afghanistan und Irak im Einsatz standen. Wenn auch die Schweiz als Ausbildungsarmee über keine Kampferfahrung verfügt, die Präsentation über unser Land und die Schweizer Armee wurde mit Erstaunen zur Kenntnis genommen. So waren es auch die verschiedenen Einsätze auf der ganzen Welt, welche überraschten. Dabei verstanden es Oberleutnant Tobias Bosshart und Oberleutnant Daniel Ezgeta bestens, auch die politischen Flaschenhälse bei der Realisierung einer Mission mit Schweizer Präsenz zu erklären. Wenn auch hierzulande zum Teil von der Schweizer Armee nicht viel gehalten wird, ja zum Teil sogar eher abschätzig über unser System gesprochen wird, in Fulda war bei den interessierten internationalen Zuhörern genau das Gegenteil der Fall. Es waren auch genau diese von jeder Nation gehaltenen «Country Briefs», welche einen hohen Mehrwert darstellten und einen kurzen Überblick über die verschiedenen Systeme der jeweiligen Streitkräfte boten. Auch wenn vielleicht die meisten Offiziere erst am Anfang ihrer Karrieren stehen, von den Generälen wird der YROW immer genau beobachtet. So waren es auch die Vertreter des «National Reserve Force Committees» aus Australien, Deutschland und Kanada, welche sich die Zeit für eine Podiumsdiskussion nahmen und den jungen Offizieren Fragen beantworteten. Der internationale Austausch spielte so während der ganzen Woche eine wichtige Rolle. Nie war es einfacher für einen Zugführer, bei einem inoffiziellen Gespräch auch mal die Meinung eines hochrangigen Offiziers eines anderen Landes zu hören.
Obama besucht YRO
Nebst den Ausbildungssequenzen absolvierten die Teilnehmer ebenso einen Test im Kriegsvölkerrecht (LOAC). Dabei konnte sich der Schweizer Hauptmann Marco Lussi mit dem drittbesten Testergebnis hervortun. Welchen Stellenwert die jungen Offiziere auch für die NATO haben, hat sich gerade erst in England gezeigt. Leutnant Rachael Broughton, selbst Teilnehmerin des diesjährigen YROW, wurde bei einer NATO-Lektion in einer zivilen Schule vom englischen Premierminister David Cameron und dem amerikanischen Präsident Barack Obama überrascht. Wenn auch nicht die grossen Weltprobleme während eines YROWs gelöst werden können, das Verständnis für einander, trotz kultureller Verschiedenheit, hat sich bei den Teilnehmern sicherlich etabliert.
Dieser Artikel erschien in leicht gekürzter Form in der ASMZ 10/2014.